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Foyer Fama – Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten für Frauen in Ougadougou

Anfang 2021 bin ich für das BBL Bundesamt für Bauten und Logistik nach Ougadougou gereist, wo ich bereits zum zweiten Mal für die Coopération de l’Ambassade de Suisse metallbautechnische Arbeiten ausführte. Bei einem Treffen mit einer örtlichen Hilfsorganisation lernte ich Präsidentin von «Femmes en marche» kennen. Diese Organisation setzt sich für Binnenflüchtlinge ein, die aus dem Norden des Landes auf der Flucht vor den Boko Haram und dem IS in Ougadougou gestrandet sind. Dabei handelt es sich hautpsächlich um Frauen und Kinder. Bereits am nächsten Tag besuchte ich in der Sahelzone ein Flüchtlingscamp. Die Situation in diesem Lager hat mich sehr beschäftigt, und für mich war klar, dass ich mithelfen wollte, die Lebensbedingungen dieser Menschen verbessern zu helfen.

Frauen in einem Flüchtlingscamp

Zurück in der Schweiz blieb ich in Kontakt mit der Präsidentin von «Femmes en marche», Apsatou Diallo. Nach Gesprächen mit ihr habe ich beschlossen, in Ougadougou ein Frauenhaus (Foyer Fama) einzurichten. Da meine finanziellen Möglichkeiten nach verschiedenen Engagements in Kamerun, Myanmar und Brasilien beschränkt waren, suchte ich nach möglichen Partnern für das Projekt. In einem Gespräch mit meinem Freund David Höner, Gründer der Hilfsorganisation «Cuisine sans Frontières» CsF, kam die Idee auf, dieses Projekt gemeinsam zu realisieren. Mit CsF hatte ich bereits 2020 in Ecuador zusammengearbeitet, wo ich eine Schulküche mit Holzherden und Öfen einrichtete. Kurze Zeit nach dem Treffen mit David Höner führte ich ein sehr konstruktives Gespräch mit Anna Hofmann, der Geschäftsführerin von CsF. Auch sie fand, das Projekt sei sinnvoll und notwendig und machte in der Folge einen entsprechenden Antrag an den Vorstand von CsF. Darin wurden auch die jeweiligen Zuständigkeiten in diesem gemeinsamen Projekt definiert. CsF sollte als Hauptsponsor auftreten, meine Organisation – Ferronniers sans Frontières FsF – die Kosten für Flüge, Spesen, Löhne und Lebenskosten der FsF-Mitarbeiter übernehmen. Nach der Zusage des CsF-Vorstandes reiste ich erneut nach Ougadougou, um eine geeignete Liegenschaft zu finden. Schliesslich fanden wir im Quartier Somgande ein passendes Objekt, das gross genug und auch finanziell tragbar ist.

Haus in Somgande
Haus in Somgande

Nach der Rückkehr in die Schweiz beschäftigte ich mich gemeinsam mit Benjamin Seiler mit der Umsetzung unserer Idee einer Cuisine Mobile, mit der die Frauen in Ougadougou auf dem Markt Essen verkaufen und so ein Einkommen generieren können. Bereits einige Wochen später hatten wir ein Musterfahrgestell gebaut.

Für die Produktion in Ougadougou begann ich, in der Schweiz sämtliches notwendige Material einzukaufen, da in Burkina Faso praktisch alles doppelt so teuer und zudem von minderer China-Qualität ist. Es kam einiges zusammen: Rohre, Ketten, Lager, weitere Velobestandteile und auch ein kleiner Werkzeugpark für unsere Schlosserei in Ougadougou. Glücklicherweise konnten wir alles Material in einem Container von Velafrica, der für FasoVelo bestimmt war, mitgeben.

Noch aus der Schweiz machte ich nach Absprache mit Apsatou Diallo erste Einkäufe und Bestellungen für das Foyer Fama, auch erstellt ich Pläne für die ersten Familienkajütenbetten.

Kajütenbetten für Familien, fabriziert nach eigenen Plänen

Am 6. November 2020 reiste ich schliesslich mit Benjamin Seiler nach Burkina Faso. In einer ersten Phase konzentrierten wir uns auf die Sanierung der Liegenschaft, führten notwendige Sicherheits- und Unterhaltsarbeiten aus: Überarbeiten der Kanalisation, der Abwasserleitungen, Wasserzuleitungen, WC-Anlagen und elektrischen Installationen, daneben erledigten wir auch Maurer- und Plattenlegerarbeiten. Und ja – überall wo Dänu zu Gange ist, wird sofort auch ein «Rytigampfi» gebaut!

Im Innenhof verlegten Platten, legten einen Gemüsegarten an und bauten mit den Verlegesteinen zwei Kompostsilos.

Innenhof mit Gemüsegarten und Kompostsilo
Innenhof mit Schaukel

Gleichzeitig erstellten wir auch die Infrastruktur für unsere Werkstatt: Eisenlager über den Eingangstüren, Maschinensockel für die Kreissäge, ein lange Werkbank mit Schraustöcken, vier massive Arbeitsböcke sowie diverses einfaches Arbeitswerkzeug, das wir selbst bauten (Richtwerkzeug, Zirkel, Schrägmass, Winkel, etc.). Für das Foyer bauten wir Stühle und Tische.

Stuhl
Tisch

Einkaufen in Ougadougou ist enorm zeitaufwendig, auch einfachste Artikel sind teilweise nur schwer aufzutreiben. Zum Glück hatte ich das meiste Material in der Schweiz organisiert.

Nach zwei Wochen begannen wir in Phase zwei mit dem Zusammenbau der Cuisines Mobiles. Benjamin kümmerte sich um die Grundfahrgestelle, ich entwickelte die Pläne und Prototypen für den Aufbau. Ziel war, dass die Cuisines Mobiles leicht und auch für unerfahrene Frauen gut bedienbar sind und der Schwerpunkt im Fahrmodus möglichst tief liegt. Im Modus Kochen soll genügend Arbeits- und Abstellfläche vorhanden sein.

Mit FasoVelo werden wir in Zukunft noch vermehrt zusammenarbeiten. Der Präsident Jean Marie Motandi ist ein guter Freund geworden und gemeinsam wollen wir auch vermehrt in die Lehrlingsausbildung investieren. In unserer Werkstatt fertigten wir nicht nur die Cuisines Mobiles, wir fabrizierten auch Stühle, deren Sitz- und Rückenflächen aus mit Draht an die Gestelle geknüpften Flaschendeckeln besteht, zudem Tische mit Unterbauten aus Stahl und Aufbauten aus Holz aus Burkina Faso. Wie bereits erwähnt, erstellten wir auch verschiedene Werkzeuge für die Stahlbearbeitung, z.B. einen Biegeapparat (Gressel ähnlich), Richtschellen, Schrägmasse, Winkel, etc.

Werkzeugtisch, u.a. mit der selbst erstellten Rohrbiegevorrichtung

Während der ganzen Zeit war die Ausbildung unserer lokalen Mitarbeiter Legma, Dao und Mohamed sowie den Praktikanten Pierre und Razak ein wichtiger Teil unseres Schaffens. Die fünf sind enorm wissensbegierig und motiviert, sie kamen oft auch an Sonntagen vorbei. Das Ausbildungsniveau ist in Burkina Faso sehr tief, umso grösser war unsere Genugtuung zu sehen, wie schnell unsere «Lehrlinge» sich die handwerklichen Fertigkeiten anzueignen versuchten. Aus diesem Grund haben wir auch das Projekt Burkinabern ins Leben gerufen. Selbst wenn wir nicht vor Ort sind, produzieren Legma, Dao und Mohamed nun Stühle, Hocker und Tische, die wir in der Schweiz verkaufen wollen, um ihnen mit dem Erlös einen gerechten Lohn zahlen zu können.

Die Situation in Burkina Faso hat sich mit der Machtübernahme der Militärs bereits verbessert, und es kann gut sein, dass die Ideen von Thomas Sankara wieder aufleben und der Staat wieder freier und unabhängiger wird. Es besteht natürlich auch die Hoffnung, dass die Frauen im Foyer Fama einst wieder in ihre Heimat im Norden zurückkehren können.

Das Werkstatt-Team
Tonton Daniel mit Kindern
Cuisine Mobile mit Pizzaofen-Aufsatz
Schulküche im Foyer
Montage des Fahrgestells einer Cuisine Mobile
Cuisine Mobile auf dem Markt